Das Wunder des Lernens

Ist es nicht der „Igel unter der Schädeldecke“, der uns nicht zur Ruhe kommen lässt? (Suchen Sie doch mal unter Maxim Gorki nach diesem Inhalt)

Menschen, die von sich Höchstleistungen erwarten, haben die besondere Gabe, über Grenzen hinaus zu gehen. Doch Erfolg und Enttäuschung sind die Kontrahenten im Abnutzungskampf. Wozu das Ganze, fragt man sich angesichts des hohen Preises, den uns dieser Erwartungsdruck beschert. Warum überlassen wir das Streben nach Perfektion nicht den künstlichen Apparaturen, statt mit ihnen zu konkurrieren. Denn diesen Wettbewerb werden unser Verstand und Herz nicht schadlos überstehen.

Zensuren sind Eingriffe. Im Schulalltag greifen diese in die Persönlichkeit des Schülers ein. Sie sind nicht nur Leistungserhebung, sie reduzieren eine individuelle Leistung, die wiederum untrennbarer Teil einer Persönlichkeit ist, auf einen nummerischen Wert. Jedes Bewertungssystem ohne wesentliche Differenzierung stellt ein unzureichendes Werkzeug dar.

Unser weitverbreitetes Schulnotensystem lässt sich interessanterweise halbieren, genau genommen in die Wertungsbereiche positiv und negativ. Im Bereich positiv belohnt man den Schüler für seine Leistung. Im Umkehrschluss wird ab Note „4“ Leistung herabgewürdigt. Nimmt man zur Benotung das binäre System mit „1“ für erfüllte Leistung und „0“ für nicht erfüllte Leistung, wäre die derzeitige Misere wenigstens augenscheinlich. So besitzt die Institution Lehrkraft einen kleinen Spielraum und kann Leistung besonders hervorheben, würdigen aber auch entwerten oder entwürdigen. Was das mit unseren Kindern macht, zeigen die Alltagsproblemfelder an unseren Schulen, z. B. Mobbing, Schulangst oder einfach nur fehlende Motivation.

Das Wunder des Lernens zu erfahren, fällt schwer, wenn sich aus Angst daraus ein Horrorszenario entwickelt. Ich denke oft darüber nach, wie bunt unsere Schulen sein sollten, und damit sind nicht nur die Schulgebäude gemeint. Der Komplexität kindlicher bzw. jugendlicher Entwicklungsstadien und der daraus hervorgebrachten Ergebnisse mittels Grauschattierungen gerecht zu werden, sollten wir endlich überwinden. Vielleich gäbe es dann mehr Kinder, die keinen „Igel“ benötigten, der ihnen gedanklich auf die Sprünge hilft.