Dass Menschen vergessen, liegt an der schwachen Auseinandersetzung mit dessen, was sie wieder vergessen. Ein Mantra gegen das Vergessen ist eine Methode, um zu behalten, was uns wichtig ist. Wir bauen Autobahnen in unserem Nervensystem, damit die Information schnell erreicht wird. Es bedarf der Wiederholung und nochmals der Wiederholung, dass es uns nicht wieder verloren geht. Ist das so?
Warum mussten unzählige Menschen in den Konzentrationslagern sterben? Damit niemand vergisst, zu was der Mensch imstande ist? Das Mantra der Erinnerung, führte dazu, dass heute Menschen versuchen, endlich frei zu werden von dieser Last der Schuld. Doch eben diese machen sich schuldig, wenn sie mit Gewalt gegen eine demokratische Gesellschaft vorgehen.
Wie kann man der Vergesslichkeit der Menschen begegnen. Man muss versuchen ihr Herz zu berühren. Bildung ist Herzenssache.
„Lasst uns spielen.“ Dieser Aufforderung zu folgen, ist leichter als wieder ein neues Paket an Aufgaben, Übungen oder Rätseln zu bewältigen. Etwas gemeinsam machen, endlich wieder. Nach den Wochen häuslicher Schule sind viele Schüler*innen neugierig und erfreut darüber, dass sie wieder an dem Ort sind, der ihnen für viele Wochen versperrt blieb – das Schulgebäude. So sollte es sein.
Aber die Regeln, die uns noch immer hindern, einen normalen Alltag zu erleben, sind überall präsent. Hygienevorschriften einhalten! Abstand! In den kleinen Klassenräumen ist der Schulalltag viel komplizierter als vor der Zeit der Schulschließungen. Dass unsere Schüler*innen, dafür wenig Verständnis zeigen, ist verständlich, aber darf nicht toleriert werden. Schließlich gibt es neben dem Bildungsauftrag auch noch eine gesellschaftliche Verantwortung. So sollte es sein.
Aber auf den Spielplätzen oder den nachmittäglichen Treffpunkten der Kinder wirkt die strenge Ermahnung des Lehrkörpers nicht mehr. Der ungezwungene Umgang ist einfach nicht zu bremsen. Und wer ist schuld? Wäre diese Frage nicht schon Schuldzuweisung genug, würde ich sie versuchen zu beantworten. Ist es nicht eher so, dass unsere Kinder diese besonderen Regeln, die ihnen befremdlich und allzu zwanghaft erscheinen, versuchen zu durchbrechen und das ohne böse Absicht. In ihrer Freizeit haben sie das Glück, den Strafmaßnahmen bei Nichtbeachtung zu entgehen. Nähe und Zuwendung zu erleben, fühlt sich eben gut an. So sollte es sein.
Wenn etwas getan werden muss, sage: „Bitte mache das“. Wenn man etwas haben will, sage: „Bitte gib mir das“. Das Wort „Bitte“ so haben wir gelernt, drückt Höflichkeit aus. Es ändert jedoch nichts an der Zweckgebundenheit unserer Sprache. Mit unseren kurzen Befehlen wünschen wir schnelle Ergebnisse. Schnell ist uns wichtig, weil uns Warten in einer von Effizienz geprägten Welt unerträglich schwer fällt. Wir sind die Generation, die dennoch nachlässt im Tempo, denn wir werden mit dem Tempo unserer Kinder nicht schritthalten können. Wie wir miteinander sprechen? Viel zu schnell!
Wenn sich zwei Menschen unterhalten, sollten beide Seiten einander zuhören können. Wenn sich mehrere Menschen unterhalten, sollte nur einer sprechen und genau dann, wenn es still geworden ist. Diese Kultur scheint sich zu verlieren, weil Menschen einander übertönen, um etwas sagen zu können. Es scheint wichtiger etwas gesagt zu haben als jemanden mit dem Gesagten zu erreichen. Wie wir miteinander sprechen? Viel zu laut!
Weil sich Menschen entfremden, wird ihre Sprache im verbalen Austausch härter, konfliktreicher und oft gewaltsam. Annäherung wird in dieser Spirale zerstörerischer Kommunikation bedeutungslos, solange niemand Nachgiebigkeit oder Einsicht zeigt. Wie wir miteinander sprechen. Viel zu derb!
Kommunikation findet heute oft in kurzen geschriebenen Nachrichten statt. Diese sind zum Beispiel in Form von Missverständnissen, emotionalen Momentaufnahmen oder plakativen Aussagen, für die Ewigkeit im endlosen Datenraum gespeichert. Was nützt es dann, wenn uns niemand im richtigen Moment am selben Ort zuhört oder versteht. Wie wir miteinander sprechen? Viel zu wenig!
Ich wünsche mir, dass Verständnis und Respekt füreinander, im Stillen und im Sprechen spürbar wird, dass Angst, Misstrauen und Hass als Humus unserer Sprachkultur zunehmend verdrängt wird von Hoffnung, Vertrauen und Liebe.
Facebook hat mir soeben ein Video geschenkt, als Dankeschön dafür, dass ich Teil dieser großen Gemeinschaft bin. Ich habe mich gewundert, denn ich dachte, warum macht Facebook mir diese kleine Freude. Habe ich neben meinen wirklich wenigen Freunden auf Facebook weitere Beobachter, denen ich wichtig erscheine. Wenn es nicht so merkwürdig wäre, könnte man sich geschmeichelt fühlen. Aber öffentliche Bilder sind halt für jedermann zugänglich, also kann Facebook damit machen, was es will, z. B. ein Video über mein Profil. Nur ich kann es mir anschauen oder teilen. Die Macher sind vermutlich die Personen „Algorithmus“ und „Zufallsgenerator“, denen ich leider nicht meinen Dank aussprechen kann. Natürlich gibt es auch noch Entwickler und andere kluge Köpfe, die einen Anteil daran haben, dass ich zur Geisterstunde dieses kleine Präsent durch Facebook überreicht bekommen habe. Die wahren Helden sind aber, wie so oft namenlos bzw. nicht erwähnt. Deshalb habe ich auch etwas zu verkünden:
Liebes Facebook,
ich habe diesen Beitrag für Dich gepostet. Damit danke ich Dir, dass ich nachts nicht alleine vor dem Bildschirm hocken muss.